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Bei Anzeichen für Schwangerschaft erst an ein Baby denken – und nicht an Corona

Dr. Mathias Denter, Leiter des Notaufnahmezentrums des Klinikums Osnabrück

Beschwerden durch besondere Umstände werden auf Virus zurückgeführt: Leiter des Notaufnahmezentrums des Klinikums Osnabrück weist auf ungewöhnlichen Anstieg hin. 

 

Magenkrämpfe, laufend Übelkeit und Erbrechen, ausgebliebener Monatszyklus: Es sind auch vor der Pandemie bereits manchmal Frauen mit solchen Anzeichen für eine Schwangerschaft ins Notaufnahmezentrum des Klinikums Osnabrück gekommen und haben um Hilfe ersucht, die nichts von ihren „besonderen Umständen“ wussten und sie nicht als Ursache ihrer Beschwerden erkannt hatten. Ziemlich genau einmal jährlich, berichtet Dr. Mathias Denter, seit 2008 Leitender Arzt des Notaufnahmezentrums, ist es dabei in diesem Zeitraum sogar vorgekommen, dass komplett unerwartet Kinder zur Welt gekommen sind.

„Wir haben ja ständig Kreißsaal-Teams in Bereitschaft, die nur ein paar Schritte von uns entfernt sind – aber manchmal hatten die Kinder es so eilig, dass sie schneller da waren als die Kollegen bei uns. Es ist bei solchen unerkannten Schwangerschaften auch schon dazu gekommen, dass die Frauen beim Warten auf die Toilette gegangen sind und es da passiert ist – einmal hat es eine Frau sogar nicht mehr bis dahin geschafft und es war bereits auf dem Flur so weit“, schildert der erfahrene Rettungsmediziner.

Mutter und Kind seien hinterher stets bei bester Gesundheit gewesen. „In solchen Situationen herrscht natürlich einige Aufregung und es sieht blutig aus – aber letztlich sind sie ja Routine und für unsere Mitarbeitenden waren es unglaubliche positive Erfahrungen, Kindern zur Welt zu helfen und die Frauen in diesen Situationen zu begleiten“, so Denter.

„So etwas löst bei allen Beteiligten Glücksgefühle aus und es ist ein rührendes Thema“, sagt der Arzt. „Aber nun haben sich solche Fälle gehäuft. Im vergangenen halben Jahr hatten wir einmal monatlich und jetzt zuletzt sogar zweimal an einem Tag Frauen, bei denen wir unerkannte Schwangerschaften als Grund für die Beschwerden festgestellt haben, mit denen sie zu uns gekommen oder überwiesen worden sind.“ Meist seien es heftige Magenkrämpfe gewesen, die sie in die Notaufnahme geführt hatten. Bei der weiteren Befragung hätten die Frauen einen ausgebliebenen Monatszyklus, häufige Übelkeit und Erbrechen sowie eine merkliche Gewichtszunahme geschildert, die sie als Anzeichen für eine Erkrankung und nicht für eine Schwangerschaft gedeutet hätten. „Die Frauen haben es außerdem fast alle auf vorherige Infektionen mit dem Corona-Virus, die Schutzimpfungen oder auf Covid-19-Erkrankungen zurückgeführt. Aber das war natürlich nicht so. Bei solchen eindeutigen Anzeichen für eine Schwangerschaft sollte weiter erst einmal darüber nachgedacht werden, ob man ein Baby bekommt.“

Vor der Zeit mit dem Virus hätten die meisten der Frauen ihre Beschwerden wohl anders gedeutet, glaubt Denter. „Es ist tatsächlich so, dass es nach einer Erkrankung, einer Infektion oder in seltenen Fällen auch nach Impfungen dazu kommen kann, dass sich bei Frauen der Monatszyklus um einen Tag verschiebt oder sogar ein Ausbleiben denkbar ist. Auch andere Beschwerden können damit in einem Zusammenhang stehen – aber es sind und bleiben eben auch die ganz natürlichen Anzeichen für eine Schwangerschaft.“

Es seien zudem vielfach mitten im Leben stehende junge Frauen gewesen, die in den letzten Monaten zuerst an das Virus und nicht an ein Baby gedacht hätten. „So etwas gab es früher nicht, schon gar nicht so gehäuft“, sagt Denter, „so dass ich davon ausgehe, dass es noch auf mehr Frauen zutreffen könnte.“ Auch wenn es richtig und nachvollziehbar sei, heute einen möglichen Zusammenhang mit dem neuen Virus zu hinterfragen, sollten sich Frauen nicht verunsichern lassen und bei eindeutigen Anzeichen für eine Schwangerschaft erst einmal an natürliche Gründe denken. „Es ist sicherlich richtig, dass Frauen in der Altersgruppe zwischen 20 und 40 Jahren in medizinischen Studien nicht in ausreichender Anzahl berücksichtigt sind und nachvollziehbar, dass nach dieser Zeit mit dem neuartigen Virus und der gefährlichen Erkrankung auch noch an andere Gründe gedacht wird, wenn Beschwerden auftreten – aber solch eine Besorgnis geht zu weit.“

Nach den Infos von Denter hat die Uni Bielefeld eine Übersicht hergestellt und daraus das Ergebnis gezogen, dass auch in der Mehrzahl der klinischen Studien zu Covid-19 nicht nach Geschlecht differenziert wurde. „Frauen wurden vielfach nur unterrepräsentativ in diese Studien einbezogen. Gleichzeitig hat sich aber auch herausgestellt, dass Frauen und Männer unterschiedlich von der Erkrankung betroffen sind. So stellen sich bei Männern häufiger schwere Krankheitsverläufe ein, sie müssen öfter im Krankenhaus behandelt werden und die Sterblichkeitsrate im Zusammenhang mit dem Virus bei Männern ist höher. Die Gründe sind nicht vollständig erforscht und es gibt auch noch viele weitere Beispiele wie etwa die bei Männern und Frauen unterschiedliche Wirkung des Schlafmittels Zolpidem, die es als Konsequenz nahelegen, dass Geschlecht und Geschlechterrolle in medizinischen Studien viel mehr berücksichtigt werden müssen, damit Erkrankte besser geschlechterspezifisch behandelt werden können, falls es erforderlich ist. Dafür plädiere ich schon seit langem.“

Trotzdem sollten Frauen auch jetzt in der Zeit mit dem neuen Virus weiter wie früher ihren Körper achten und an natürliche Gründe denken, wenn ihre Regel ausbleibt. „Mit diesem Aufruf komme ich mir etwas seltsam vor. Aber es kann doch nicht sein, dass bei eindeutigen Anzeichen für eine Schwangerschaft nicht erst an ein Baby, sondern an Corona oder Covid-19 gedacht wird.“

 


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